Die Stadt gerät wegen vieler Baumfällungen auf dem Stadtgebiet zunehmend in die Kritik
Man hat immer mehr das Gefühl, als werden in der Stadt immer mehr Bäume gefällt. Es wird immer städtischer in Köln. Man hat den Eindruck, als würde die Stadtverwaltung den Zusammenhang zwischen der weltweiten Klima- und Luftverschmutzungs - Krise und der stetigen Zerstörung von Bäumen und Grünflächen nicht sehen wollen. Irgendwie hat man aber auch den Eindruck, dass sich immer mehr Menschen über das grob fahrlässige und selbstzerstörerische Verhalten der Stadtverwaltung aufregen. In Sachen Baumfällungen wird die Stadt zunehmend und immer heftiger kritisiert.
Der stellvertretende Amtsleiter des Grünflächenamts, Joachim Bauer hat unlängst zu diesem Eindruck im KstA Stellung nehmen können und meint, „dass die Debatten darüber mit mehr Emotionalität als Sachlichkeit und Fakten geführt werde.“ Doch welche Sachlichkeit meint er?
Sachlich wäre, etwa zur Kenntnis zu nehmen, dass unsere industrielle Lebensweise mittlerweile zu einer fundamentalen ökologischen Krise führt und zwar auch deshalb, weil eine der Haupt CO2 - Senken, die Bäume und die Grünflächen allorts abgeholzt werden.
Sachlich wäre, festzustellen, dass wir auf Planet Erde im Jahr 2017 im vierten Jahr in Folge einen neuer Temperaturrekord (globale Durchschnitttemperatur) aufgestellt haben. (1)
Sachlich wäre, zur Kenntnis zu nehmen, dass der diesjährige April der wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881 war.
Sachlich wäre es, zur Kenntnis zu nehmen, dass in Pakistan das Thermometer im April (2018) auf 50,2 Grad gestiegen ist. Es war die höchsten April-Temperatur seit Beginn der Wetteraufzeichnung im Jahr 1865.
Sachlich wäre, festzustellen dass die Auswirkungen der Menschen-gemachten Klimaveränderungen global immer wilder werden und die Stadt Köln, das Grünflächenamt und Co. ihre selbst gesteckten Klimaziele noch nicht einmal ansatzweise erreicht haben.
Sachlich wäre es, festzustellen, dass Tropennächte in Köln immer wahrscheinlicher werden und das man dagegen Vorkehrungen treffen muss.
Sachlich wäre, festzustellen, das die Stadt für die Verbreiterung von Straßen und anderen absurden Bauprojekten (2)reihenweise Bäume fällt und dass Deutschland wegen zu hoher Schadstoffwerte in der Luft von der EU verklagt wird. Beispiel dafür (2)
Hier die Schadstoffwerte für Köln Seite 70: Das dreckige Dutzend, Abschlussbericht der Stickstoffdioxid – Messungen n zwölf Deutschen Städten.
Da soll der Bürger nicht emotional werden?
Das Problem, was die Stadt Köln mit der Erhaltung der städtischen Grünflächen und der Bäume hat, ist ein Problem, über dass fast nirgendwo diskutiert wird: Die ehemals, dezentral gut organisierte Grünflächenpflege in Köln wurde nach einer Verwaltungsreform (um das Jahr 2003), „rezentralisiert“, privatisiert und kommerzialisiert.( 2a) Die Folge: Die Grünflächen und die Bäume wurden zu einer Ressource gemacht, mit der die private Garten – und Landschaftsbauer, (die mit den Motorsägen) gutes Geld verdienen sollen.
Darüber hinaus laufen inzwischen alle Parks, alle bewachsene Hinterhöfe, alle Wiesen und selbst der Kölner Grüngürtel Gefahr, Stückchen für Stückchen bebaut zu werden. Hier eine Karte der aktuellen Verluste an Grünflächen, die nur den Grüngürtel betreffen. Hier weitere Beispiele von Grünklau (3)
Trotz einer kommunalen Satzung zum Schutz der Bäume (4) sind alle Bäume auf dem Stadtgebiet einem ungeschriebenen Gesetz unterworfen, dass da lautet: Baurecht geht vor Baumrecht!
Der minimale Schutz den die städtischen Bäume durch die Aufstellung der Baumschutzsatzung haben, wird in Köln an allen Ecken und Kanten aufgegeben. Die Instanz, die für die Einhaltung der Baumschutzes (auf privaten Grund) zuständig ist, die „Untere Naturschutzbehörde“, ist chronisch unterbesetzt, völlig überarbeitet, politisch nicht gewollt und gibt serienmäßig Fällgenehmigungen für jeden heraus, der irgendwie einen Baum fällen will. Selbst wenn sich der Bürger das Gesetz als kleine Broschüre bei der Stadt abholt, liegt obligatorische ein „Antrag auf Fällgenehmigung“ dabei; damit die Firmen mit den Motorsägen nicht mehr so lange warten müssen. (5)
„Wohin soll die Stadt wachsen“ fragt der Mann vom Grünflächenamt Joachim Bauer seine Kritiker: „Nach außen und in die Breite, oder verdichtet man die verfügbaren Flächen im Innern? Letzteres sei derzeit politischer Konsens in Köln, so Bauer, darum müssten für das Erreichen dieses Ziels Bäume weichen – maßvoll und gut abgewogen.“
Doch bis zu welchem Punkt kann man in einer begrenzten Stadt „maßvoll und abgewogen“ Bäume absägen? Bis zur Entstehung einer Betonwüste? Ist das der Plan?
Jedenfalls auf ökologischen Notwendigkeiten, Aufenthaltsqualitäten, Schönheit des Stadtbildes oder Gesundheit der Bürger wird stadtweit wenig geachtet. Der öffentliche Raum ist zwar Teil des Lebensraums unserer Gesellschaft und damit eine zutiefst öffentliche Angelegenheit, die alle Teile der Gesellschaft betreffen. Aber es soll ein „Konsens“ darüber geben, dass eine „wachsende Stadt“ sich auf Kosten der Bäume und der Lebensqualität „verdichten“ möge, so dass in absehbarer Zeit jeder Hinterhof und alle Parks bebaut werden können? Wessen Konsens war das noch mal? Der, der Bürger der Stadt Köln?
Und dann sagt Herr Bauer noch: „Wenn es etwa um die Verkehrssicherheit geht, können wir nur die Fällung eines Baums mitteilen, eine Diskussion über die Notwendigkeit zu führen, ist dann nicht mehr möglich…“
Ach, so! Tatsächlich wird die sogenannte „Verkehrssicherheitspflicht“ in Köln speziell interpretiert und überzogen.(6) Denn es gibt wohl keinen anderen gesellschaftlichen Bereich, in dem die Stadt so hohe Sicherheitsansprüche glaubt vertreten zu müssen, wie bei der Gefahr, die uns angeblich von den Bäumen droht!! Würde man mit dem gleichen hohen Sicherheitsanspruch, mit den man die Bäume misst, den Autoverkehr in der Stadt betrachten und bewerten, dann müsste man diesen sofort und zwar aus Sicherheitsgründen still legen! Tut man aber nicht, denn für Bäume gelten andere Standards.
Vergegenwärtigen wir uns zum Verständnis der Sachlage ein paar Zahlen. Im Jahr 2012 starben über 870 Menschen (nur in Köln) an den Folgen der Luftverschmutzung - die zu einem großen Teil dem Autoverkehr geschuldet ist. Im gleichen Jahr gab es in Köln zusätzlich 23 Verkehrstote durch den Autoverkehr. (7) Auch das Fahrradfahren in der Stadt Köln ist wegen der Blechlawinen die sich durch die Straßen wälzen, ein großes Sicherheitsproblem. Kinder können sich nirgends frei auf den Straßen bewegen, ohne Gefahr zu laufen, Tod gefahren zu werden. Trotzdem werden Straßen und Autobahnen mit viel Pomp und Geld verbreitert und die Bäume entlang vieler Verkehrswegen abgeholzt.
Und jetzt zum Vergleich: wie viele Menschen werden jährlich von Bäumen verletzt oder erschlagen? Antwort: Sehr, sehr wenige! Die Wahrscheinlichkeit, durch den Abbruch von Ästen einen Schaden zu erleiden, ist wesentlich geringer als ein Lottogewinn! Auf Deutschlands Straßen kommen jährlich ca. 3000 Menschen durch Verkehrsunfällen ums Leben, - ohne das die Autobahnen mit dem Verweis auf die „Verkehrssicherheit“ still gelegt werden. Aber bei den Bäumen werden die Sicherheitserwartungen und Ängste bis ins Abstruse künstlich hochgeschraubt und gnadenlos exekutiert, trotz und wegen gut ausgebildeter Baum- Kontrolleure, die bei Herrn Bauer arbeiten.
Bäume genug vorhanden
„Aus fachlicher Sicht ist es vor allem wichtig, dass etwa das Volumen der Bäume in einer Stadt nicht schrumpft. Das ist in Köln nicht der Fall, in den letzten Jahren ist hier sogar ein geringes Wachstum zu verzeichnen.“ sagt der Grünflächenmann Joachim Bauer. Es ist also alles in Butter, möchte er glauben machen. Doch können wir ihm Glauben schenken?
Nehmen wir nur die Fällungen der 300 Bäume an der Bonner Straße für den Ausbau der Nord-Süd-Bahn, die die Stadt im letzten Herbst durchgesetzt hat (übrigens auch für die Verbreiterung der Straße). Den Anwohnern vor Ort hat man gesagt, dass für die 300 gefällten Bäume ca. 400 Ersatzpflanzungen vorgenommen werden sollen. 180 davon werden entlang der Bonner Straße gepflanzt. Doch werden sie viel näher an die Hauswände gerückt, als die alten gestanden haben. Der Rest der Bäume wird im Grüngürtel (!) oder irgendwo anders angepflanzt. Da die neuen Bäume Spitzahörner sein werden, mit nur einen Stammdurchmesser von einem Bierglas und mit Baum-Kronen, die sich genetisch bedingt niemals so große entwickeln können, wie die Kronen der abgeholzten 300 Linden, kann sich das Blattvolumen an der Bonner Straße selbst nach 50 Jahren nicht mehr so entwickeln, wie es vorher einmal war!
Hier zum Gucken, die Größenverhältnisse des Blattvolumens.
Also, wenn Herr Bauer vom Grünflächenamt erklärt, dass das Volumen der Bäume in der Stadt nicht geschrumpft sei, dann träumt er womöglich von übermorgen, denn es gibt ja Ersatzpflanzungen. Doch, so begrüßenswert Ersatzpflanzungen auch sind, sind sie doch in erster Linie Augenwischerei für die unbedarfte Bevölkerung und bestenfalls ein bescheidener Kredit auf die Zukunft, nach erfolgter Abholzung. Denn der Wuchs der Bäume dauert Jahrzehnte.
Köln nicht dabei: „Das sind Deutschlands grünste Städte“
Auffällig ist auch, - und das spricht gegen den Eindruck von Herrn Bauer - dass der Grünanteil Kölns, verglichen mit anderen deutschen Städten eher gering ist. Bei einer Satellitenbild-Auswertung zur Frage, was Deutschlands grünste Städte sind, schafft es Köln nur auf Platz 65 von 79 untersuchten Großstädten.
Bei dieser Diskussion um den Erhalt der Bäume in Köln darf man aber auch nicht vergessen, dass Herr Bauer vom Grünflächenamts, nicht wie ein stellvertretende Amtsleitder eines Grünflächenamts argumentiert, sondern er argumentiert wie ein Politiker. Bauer spricht wie ein Politiker, der die Zerstörung von Bäumen und Grünflächen in der Stadt Köln ökologisch verkleidet, rechtfertigt und voran treibt! Schließlich ist sein Amt für Landschaftspflege und Grünflächen in der Kölner Verwaltungs - Hirarchie dem BAU - DEZERNAT unterstellt!
Doch eins muss man zu der Behauptung des Herrn Bauer, dass es in Köln keinen Rückgang des Blattvolumens gäbe, sagen: Die Baumschützer können bis her nicht das Gegenteil beweisen, dass das Blattvolumen rückläufig ist! Obwohl es sehr viele Indizien dafür gibt! Wir sehen zwar die vielen Baumfällungen und haben das Gefühl, dass es zu immer mehr Baumfällungen kommt. Tatsächlich haben aber die Baumschutz-Initiativen keine aufgelisteten Beweise dafür, dass das Blattvolumen insgesamt abnimmt! Für dieses müssten wir alle Fällungen auf dem Stadtgebiet stetig dokumentieren!
Zum Beispiel so!
Daher: Meldet uns alle Fälle von Abholzungen, selbst wenn es nur einzelne Bäume sind!
Meldung an: nabis@web.de
Mit freundlichen Grüßen
Ottmar Lattorf
P.S. Forscher entdecken, dass Bäume einen Herzschlag haben.
Anmerkungen:
(1) Klimabericht zu 2017 Schäden durch Extremwetter so hoch wie nie: und: "Verheerende Aussichten":
(2) Beispiel dafür:
- Dritte Baustufe, 40 Bäume für Buswendeschleife, die nie gebraucht werden kann.
- 100 Baumfällungen für ein Konzert in Düsseldorf.
(2a) Mehr zur Verwaltungsreform, hier.
(3) Hier drei weitere Beispiele für Grünklau und Grünfrass in Köln:
- über den Johannes Giesberts -Park in Köln Nippes.
- und hier: über den Klingelpütz-Park in der Kölner Innenstadt.
- Die Pferdewiese in der Indianersiedlung soll bebaut werden.
(4) die Baumschutzsatzung:
(5) Adresse der Unteren Naturschutzbehörde in Köln.
(6) Flugblatt zur Verkehrssicherungspflicht der Stadt. Und siehe Artikel: „Grünflächenamt entdeckt Verkehrsicherungspflicht an Trampelpfaden um 70 Bäume zu fällen“.
(7) Siehe: Zahlen, wo sind die Zahlen her?
von Ottmar Lattorf