Grünflächenpflege nach Art des Kölner Grünflächenamts am Beispiel der Raderberger Brache
Die seit 30 Jahren unter Schutz stehende Raderberger Brache, ein wildes Gelände, dass sich zwischen Großmarkt und Vorgebirgspark entlangzieht und eine der wichtigsten Frischluftschneisen für die Kölner Innenstadt ist, wurde in den letzten 50 Jahren immer wieder von Nachbarschafts - Initiativen gegen Verkleinerung und Zerstörung verteidigt. Nun droht neues Ungemach und zwar durch den Plan eine sogenannte Parkstadt zu bauen.
Im Zusammenhang mit dem aktuellen Plan, den anliegenden und funktionstüchtigen Großmarkt zu zerschlagen, um angeblich den Grüngürtel in Richtung Rhein verlängern zu wollen, („Parkstadt- Süd“ ) wird die nächste Zerschneidung bzw. Verkleinerung der Raderberger Brache vorbereitet. Letztes Beispiel für das Schönreden dieses Plans findet man in einen Artikel des KstA über die unterschiedlichen "Nutzungsinteressen" in der Raderberger Brache. Titel des Artikels "Verwilderter Platz für grüne Träume".
Aber wie der KstA so ist, verzichtet er bei der Darstellung der „Nutzungsinteressen“ darauf die tatsächlichen Sachverhalte zu erwähnen und versucht es plausibel erscheinen zu lassen, dass die unter Schutz stehenden Raderberger Brache demnächst wieder mit weiteren Baumfällungen zu rechnen hat. Der Verfasser des Artikels (Haaser) vergißt es, zu erwähnen, dass das Gelände ein "unter Schutz stehender Landschaftsbestandteil" ist. Diesen Status hat das Gelände seit Mitte der Achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts. Seit dieser Unterschutz - Stellung hatte das Grünflächenamt die Pflicht, das Gelände mindestens ein Mal im Jahr zu mähen, um den dortigen Magerrasen (ursprünglich 70 % des Geländes von 8,5 ha) zu erhalten.
Hier Fotos der Raderberger Brache aus dem Jahr 1999:
Foto Brache 1Foto Brache 2Foto Brache 3Foto Brache 4
Je magerer (!) ein Boden ist, desto besser sind die Wachstumsbedingungen für seltene Pflanzen. Deswegen muss man einen solches Gelände, will man die Artenvielfalt erhalten, regelmäßig beweiden lassen oder mähen. Doch seit 1995 mäht das Grünflächenamt die Brache nicht mehr. Die Folge: auf der großen freien Fläche, die die Brache einst mal hatte, konnten sich immer mehr sogenannte "Pionier - Gewächse", (z.B. Brombeer-Hecken ) ansiedeln und ausbreiten.
Zur Verschlimmerung der Situation hat die Stadt Anfang der 90ger Jahre entlang der Vorgebirgsstraße eine neue schnellwachsende Pflanze, den japanischen Stauden-Knöterich angepflanzt, aus „Sichtschutzgründen“ gegen einen kleinen Bauwagenplatz, der sich damals vorrübergehend an der Vorgebirgsstraße aufgestellt hatte. Diese Pflanze ist ein sogenannter "Neophyt". Der japanische Stauden-Knöterich vermehrt sich vegetativ (ungeschlechtlich) und hat in unseren Breitengraden keine natürlichen Konkurrenten und gilt als Plagepflanze, weil sie ALLE anderen Pflanzen durch ihren Wurzel- und Schattendruck verdrängt.
Wenn man die Brache sich selbst überließe und dort nicht mäht, dann wird es über kurz oder lang NUR noch diesen wuchernden japanischer Staudenknöterich und die Brombeere dort geben, eingeschrängt von ein paar Bäumen. Die seltenen Pflanzen, wegen derer die Brache unter Schutz steht und gehütet werden müsste, wären dann alle verschwunden. Das ist das ökologische Problem, was die Raderberger Brache heute hat; herbeigeführt durch die Nachlässigkeit des Grünflächenamts. Für eine vom Verein Nabis e.V. vorgeschlagene sachgemäße Reduzierung des Knöterichs und der Brombeere, lehnte das Grünflächenamt zuletzt im Jahr 2015 ab. Es fehle der Stadt angeblich das Geld dazu.
Doch hat dieser Pflegerückstand nun einen anderen Nebeneffekt: es gibt viele Trampelpfade. Das Ausbleiben des Mähens durch das Grünflächenamt in den letzten 20 Jahren hat zum Verschwinden des gewünschten Magerrasens und der offenen Flächen zu einer fast totalen Verbuschung und Verkrautung des Geländes geführt.
Die meisten seltenen Pflanzen sind allerdings in Resten noch erhalten, trotz Verbuschung von ca. 70 % des Geländes. Anwohner sind seit Jahren dabei, die in der Brache entstandenen Trampelpfade durch die Brombeer - Dome freizuschneiden und platt zu trampeln , damit die Brache überhaupt noch begehbar bleibt.
Grünflächenamt entdeckt Verkehrsicherungspflicht an Trampelpfaden
Und nun kam das Grünflächenamt im vor-letzten Winter (2015 - 2016) dazu, dass unter Schutz stehenden Gelände doch noch „zu pflegen“. Es kündigte an, ca. 70 Bäume fällen lassen zu wollen, was - wegen des Schutz-Status- eigentlich verboten ist. Hier die Ankündigung. Die Begründung, die das Grünflächenamts für die massiven Baumfällungen angibt, ist die Folgende: es gäbe in der Brache nun selbstgetretene Trampelpfade und die Stadt Köln hätte entlang dieser Trampelpfade dafür zu sorgen, dass dem Verkehrsteilnehmer beim Gang durch die Brache kein Ast auf dem Kopf fällt. Die Stadt fühlt sich jetzt für die Sicherheit des Verkehrs über die Trampelpfade verantwortlich und zwar so wie an jeder verkehrsreichen Kreuzung auch. Aber selbst an normalen Straßen, an den die Stadt die sogenannte Verkehrssicherheit zu gewährleisten hat, über-dehnt das Grünflächenamt die Verkehrssicherheitspflicht zu Lasten der Bäume. Hier unser Flugblatt dazu.
Für die Anwohner stellte sich die Frage, wird die bisher vom Kölner Grünflächenamt sowieso überstrapazierte Verkehrssicherheitspflicht, die bislang nur an normalen Verkehrsstraßen gilt, auch an Trampelpfade in unter Schutz stehenden Landschaftsbestandteilen ausgeweitet? Es stellt sich auch die Frage, hat die Stadt überhaupt die Verkehrssicherheit an Trampelpfaden in Naturschutzgebieten? Denn niemand MUSS auf dem Weg zur Arbeit durch die Raderberger Brache gehen. Es handelt sich nicht um offizielle, gewidmete Wege! Daher hier die Stellungnahme des Umweltrechtlers Hilsberg dazu.
Des weiteren blieb zu fragen, ob es nicht ausgereicht hätte, an den Eingängen zur Brache Schilder mit dem Hinweis: „Achtung! Geschützter Landschaftsbestandteil. Betreten auf eigenen Gefahr!“ hinzustellen. Im Winter, bei Eis und Schnee macht man dass auch an verschiedenen Stellen an dem Fußgänger-Verkehr herrscht. Es gibt Hinweisschilder „Kein Winterdienst, betreten auf eigene Gefahr!“ Für ein Gelände mit alten geschützten Baumbestand könnte man das genauso machen! Hier ein solches Hinweis - Schild. Die Stadt hingegen meint „nein“, ein solches Schild würde nicht ausreichen, um der Verkehrssicherheit an Trampelpfaden genüge zu tun, es muss gesägt werden!
Nach 20 Jahren, in der die Stadt kein Pfennig für die Pflege des Geländes zur Verfügung gestellt hat, gibt das Grünflächenamt nun plötzlich und direkt 50.000 Euro für die Abholzung von 70 der dicksten Bäumen in der Brache aus! Für das unnötige und illegale Abholzen von zu meist gesunden Bäumen zur Zeiten von Klimaveränderung hat das Grünflächenamt riesige Geldbeträge zur Verfügung gestellt. Zum jährlichen Mähen eines Magerrasen nicht? Wir haben beim Grünflächenamt diesbezüglich mal nachgefragt. Hier die relativ unbefriedigenden Antworten des Grünflächenamts. auf meine Frage zu diesen Vorgängen.
Parkstadt Süd – Wird der Grüngürtel wirklich erweitert?
Wir, die Anwohner der Raderberger Brache, könnten uns jetzt trösten. Steht doch in Rede, dass die Stadt direkt hier in der Nachbarschaft der Raderberger Brache u.a. auf dem Gelände des Großmarkts, den Grüngürtel bis zum Rhein verlängern will. Finden doch mit riesigem medialen Getöse seit April 2015 serienmäßig Veranstaltungen statt, die glauben machen sollen, dass in allernächster Zukunft ein neues durchgrüntes Viertel, die sog. „Parkstadt Süd“ entstehen soll. Hier ein aktuelles Bild von der prämierten und ausgehängten Planung der Stadt Köln, an dem man auch die Grundfläche der Raderberger Brache erkennen kann.
Man kann sehen, dass die Raderberger Brache, im zur Vorgebirgsstraße liegenden Gebiet, mit einem verschwenkten Straße (Bischofsweg) durchschnitten werden soll! Das von der Brache abgetrennte Gebiet liegt Richtung Bahndamm, dort wo die sogenannte Parkstadt - Süd errichtet werden soll. Ob dass von der Brache abgetrennte Gebiet dann tatsächlich auch Teil des verlängerten Grüngürtels wird oder zu einem kleinen Pfad zwischen 11 stöckigen Hochhäusern wird, ist noch nicht wirklich entschieden. Obwohl das kooperative Bürgerbeteiligungsverfahren mit viel Getöse veranstaltet wurde.
Hier die Presseerklärung des Vereins Nabis e.V. zum „kooperativen Bürgerbeteiligungsverfahren“. Und hier ein Bericht vom WDR aus dem Frühjahr 2017 zu der Entscheidung des Stadtplanungsamt, die mittels „kooperativen Bürgerbeteiligungsverfahren“ herbeigeführte Entscheidung doch nicht zu respektieren.
Hier noch zum Schluss ein Flugblatt zur Frage, wer den Großmarkt überhaupt verlegen will und warum?
Ottmar Lattorf