Parkstadt Süd: Pseudo-Bürgerbeteiligung bei Bauprojekt in Raderberg

Mit dem verlockenden Titel „die Parkstadt Süd entdecken“ - die allerdings noch gar nicht gebaut ist - startete die Stadt Köln ein neues "öffentliches Verfahren zur Beteiligung der Bürger" zur Beplanung und Bebauung eines riesigen Geländes entlang der Südstadt. Als Teil einer Auftaktveranstaltung zur Realisierung dieses "Jahrundertprojekts" fanden am Samstag Mittag, den 18. April sechs verschiedene Spaziergänge mit Experten u.a. durch das Planungsgebiet statt.

Das Amt für Stadtentwicklung hat mit Hilfe von sechs Planungsgruppen unter dem Banner der Bürgerbeteiligung mit großem Getöse das sogenannte „kooperatives Planungsverfahren“ eröffnet und eine Maus geboren.

Es geht um die Verwurstung "der Flächen zwischen Luxemburger Straße und Rheinufer", dies sei "die letzte Barriere, wo der Innere Grüngürtel Kölns bis an den Rhein vollendet werden soll.“ Und es geht darum, daß in der Öffentlichkeit so getan wird, als wäre der Bürger bei den Entscheidungen zum Bauen des Neubaugebiets und zur Verlegung beteiligt. So liest man es auf den naiv und drollig gemalten Reklame-Postern der Stadt Köln. Die Stadtverwaltung will glauben machen, dass die Verlegung des Großmarkts und die Zur-Verfügung-Stellung dieses nur 2,5 km von der Zentral-City entfernten 100 ha großen städtebaulichen Filet-Stück an die Bau-Wirtschaft nur ökologische und Gemeinwohl-orientierte Gründe hat.

Hier die offizielle Version der Geschichte wie sie in den Zeitungen steht.

Hier ein ernsthafte Analyse zu den Plänen der Stadt Köln.

Die ökologisch-süssen Ansagen der Stadtverwaltung, dass sie mit diesem "Jahrhundertprojekt" den historischen Grüngürtel bis zum Rhein verlängern und vergrößern will und das deswegen der Großmarkt in Raderberg verlegt werden soll, kann man schlicht nicht glauben, wenn man sieht, was mit dem vorhandenen historischen Grüngürtel und den Grünflächen bereits jetzt geschieht:

- Die beiden Sportplätze hinter der Uni Mensa an der Zülpicher Straße entlang des Zülpicher Walls, die jetzt noch ein Teil des Grüngürtel sind, sollen mit dem Gelände auf dem die Mensa steht, mit einem Studentenwohnheim zugebaut werden. Das Grünflächenamt hat bereits zugestimmt, diesen Teil des inneren Grüngürtels in Bauland umzuwidmen. Die Ambitionen des Grünflächenamts den Grüngürtel zu erhalten scheinen nicht wirklich ausgepeprägt zu sein, auch deshalb weil sie zugestimmt haben, den Boden des jetzigen Sportplatzes im Grüngürtel (!) mit Plasikrasen zu versiegeln.

- Auch das ehemalige Sportplatz- Gelände an dem Luxemburger Wall/ Ecke Luxemburger Straße, das einst auch zum inneren Grüngürtel gehörte, wird jetzt fett mit einem schwarzen Klotz, dem COPT-Gebäude, bebaut. (Siehe: Bild des Tages) Das Bau-Projekt wird mit Fördermitteln aus dem regionalen Wirtschaftsförderungsprogramm des Landes NRW gefördert, mitten im Grüngürtel. Hier die Modellansicht der Planung

- Auch der Teil des Geländes an der Luxemburger Straße/ Eifelwall, an dem der Künstler und Grünflächenaktivist Ketan die Stellung gehalten hat, ist als Grüngürtel ausgewiesen und soll, erst einmal mit einem neuen massiven Bauwerk, dem neuen historischen Archiv bebaut werden. Das stört die städtischen Grüngürtel-Planer aber nicht weiter.

- Im Jahr 2013 hat man das ganze ESIS- Gelände, also auch die grüne Lunge Raderberger Brache, das eigentlich als "Unter Schutz stehender Landschaftsbestandteil" ausgewiesen ist, zu einem Sanierungsgebiet erklärt. Das bedeutet, das man das Gelände (die Raderberger Brache) von einem Tag auf den anderen zu Bau-Erwartungsland umwandeln kann. Das Erhöht nicht das Vertrauen zu den Grüngürtel-Verlängerern. Wenn man den Grüngürtel in Richtung Rhein wirklich verlängern wollte, dann könnte man die bereits vorhandenen Grünflächen, die auf dem Verlängerungs-Weg Richtung Rhein liegen in ihrem Bestand sichern. Das macht man nicht in dem man die Raderberger Brache auch zum Sanierungsgebiet erklärt und die Beplanung beginnt.

- Das Stadtweit, Baum-Rechte dem Baurecht untergeordnet werden und so hunderte gesunder Stadtbäume über das Jahr weggesemmelt werden, scheint den städtischen Grüngürtel- Verlängerer auch nicht zu interessieren.

Das trotz steigenden Bevölkerungszahlen die öffentlichen Grünflächen verkleinert und teilweise bebaut werden, wie zuletzt im Klingepützpark in der Innenstadt oder am Johannes Giesberts-Park in Köln Nippes wird einfach nicht thematisiert.

Bei all dem Misstrauen gegenüber der Ernsthaftigkeit der städtischen Grüngürtel-Verlängerer zum Trotze zog das Stadtplanungsamt und seine sechs Experten-Bands (Hubig-Neubacher und Alber Speer und Co.) eine richtige städteplanerische Wohlfühlparty ab. Es gab Begrüssungen, Vorstellungen, Contact Dance, Gesellschaftspiele, Spaziergänge, Kaffe und Kuchen, wie bei einem Pfadfinder-Ausflug in der Jugendherberge. Jeder hat entdeckt und geplant, dass es die reine Freude war! Man hat sich vorgestellt, gelobt und auf die Schultern geklopft. Alles der Sache wegen, dem angeblich „kooperativen“ Beplanen des Neubaugebiet auf und um den Großmarkt in Raderberg. Mit wem die groß ausgerufene Kooperation stattfinden soll wurde derweil nicht wirklich klar. Mit wie viel Prozent Volkes Stimme an den Entscheidungen beteiligt sein würde, wurde gefragt. Antwort des 1. Vorsitzenden Baudezernent Höing: „Eine richtige mathematische Formel haben wir dafür noch nicht gefunden.“ Ach, soo!

Obwohl es sich bei der Veranstaltung um den Auftakt zu einer "Jahrhundert-Planung" handeln soll, wurde nur sparsam mobilisiert. Es wurden sechs verschiedene Spaziergänge durch die sechs unterschiedlichen Bebauungsgebieten an einem Tag und zur selben Zeit in 2 Stündchen abmarschiert. Die Spaziergruppe 4 lief z.B. durch die Raderberger Brache. Hier die Route und die tollen Wahlmöglichkeiten: Hier ein Bild der Bürgerinitiative zur Verteidigung der Raderberer Brache, NaBiS e.V. am Ausgangspunkt der Tour versammelt.

Die Spazier-Gruppe drei lief knapp 2 Stunden lang über das Grossmarkt-Gelände. Gruppe zwei latschte über die Alteburger Straße bei Neuland vorbei bis zur Bonner Straße hoch. Es gab einige Teilnehmer die gerne an allen Spaziergängen teilgenommen hätten. Bei der Durchführung dieses "Jahrhunderprojekts" hatte man auch nicht so viel Zeit eingeplant, dass die sechs Beplanungsräume an unterschiedlichen Tagen hätten begangen werden können. Der interessierte Bürger hatte daher nicht die Chance, bei allen Erkundungs-Spaziergängen mitgehen zu können. Auch hat sich die Stadt Köln kaum die Mühe gemacht, die Bevölkerung wirklich zu informieren und einzuladen. In der Online Welt und vor den Orten hat man nichts von den Beteiligungsmöglichkeiten mitbekommen. So blieb man bei der Auftakt-Veranstaltung trotz ca. 140 Teilnehmer fast unter sich: die Mitglieder der verschiedener Bürgerinitiativen, die Mitarbeiter der verschiedenen Ressorts der Stadtverwaltung, die sechs extra eingeladenen Experten-Gruppen, einige Zaungäste und die Medienvertreter spielten kooperative Bürgerbeteiligung. Es wurde nichts beschlossen.

Am darauf folgenden Montag, den 20. April fand ein Treffen der „Büsi“ statt, um über die Auftaktveranstaltung des Stadtplanungsamts zu reflektieren; die "Büsi" ist ein Zusammenschluss von verschiedenen Bürgerinitiativen in der Kölner Südstadt zur Mitgestaltung des zu bebauenden Areals rund um den Großmarkt. Ich fand meine Bürgerinitiativ – Kollegium noch besoffen vor. Völlig dem Rausch der Bürgerbeteiligung erlegen. Vor der Party, nach der Party.

Was planen die städtischen Planer als nächstes?

An vier Dienstag-Abenden wird nun im Wonnemonat Mai, so wurde vom Stadtplanungsamt angekündigt, das Spektakel der „kooperativen Beteiligung“ weiter gehen. Hier das Plakat dazu

Die erste Veranstaltung hat das Thema „Lebendige Quartiere“ und soll am Dienstag, den 12. Mai stattfinden. Der Veranstaltungsort ist das Humboldt-Gymnasium Kartäuserwall 40, in der Altstadt/Süd. Für den weiteren Verlauf der „kooperativen Planungen“ und der Einlullung der Bevölkerung hat sich die PR-Firma Hubig-Neubacher folgenden kryptischen Plan ausgedacht.

Zu diesem anlaufenden Pseudo-Bürgerbeteiligungs-Prozedere, das sogenannte "kooperative Verfahren" kann sich die Bevölkerung auch eingeladen fühlen. Eine aufmerksame Leserin der von Neubig-Hubacher produzierten Texte und Zeichnungen stellt abschließend nun folgende Fragen zu den kommenden Veranstaltungen.

Weiteres Vorgehen von Seiten des Vereins NaBiS e.V.: die Organisierung einer Bürgerversammlung in Raderberg, die Organisierung von Info-Tischen in der Raderberger Brache und in Raderberg-City. Regelmäßiges 14- tägiges Treffen zum Thema Stadtentwicklung und Großmarkt-Verlegung. Begleitung der Diestags-Veranstaltungen des Amts für Stadtentwicklung.

Treffen an den kommenden Samstagen im Mai am Lagerfeuerplatz in der Raderberger Brache, ab 14 Uhr. Bei Unklarheiten ruft bitte an: 34 11 82

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