Analyse Großmarkt: Daseinsfürsorge erhalten

Der für die Lebensmittelversorgung wichtige Großmarkt wird von der Stadt ersatzlos zerschlagen! Der Grund: Das Gelände auf dem der Großmarkt sitzt, soll reichen Bau-Konzernen zur Verfügung gestellt werden!

Seit mindestens 15 Jahren plant und plant und plant die Stadt Köln auf dem Gelände des Großmarkts ein neues Stadtviertel bauen zu lassen. Das Bau-Projekt hat den grün/ökologisch klingenden Namen „Parkstadt Süd“. Doch über die Planungsjahre hat die Stadt Köln den Händlern auf dem Großmarkt keine realistische Standort-Alternative bieten können! Der Umzug des funktionstüchtigen Großmarkts von Köln - Raderberg nach Köln-Marsdorf ist von der Stadt Köln verschleppt worden. Die Händler auf dem Großmarkt sitzen nun auf einem Gelände, was die Stadt den reichen Finanz- und Bau-Konzernen zum bebauen versprochen hat!

(Text als Flugblatt hier)

Trotzdem möchte die Stadt Köln das Gelände möglichst bald „frei machen“. Egal, was mit dem Großmarkt passiert, egal, ob vom Großmarkt aus die Wochenmärkte in den Stadtteilen, die Gemüsehändler, die Gastro-Betriebe, die Grossküchen, die Restaurants... ihre Lebensmittel bekommen oder nicht! Egal ob die einheimischen Bauern ihre Produkte hier abliefern können! Die Händler des Großmarkts stören! Einheimische Wirtschaft hin, einheimische Wirtschaft her. Die Händler sitzen mit ihren Aufbauten, Versteigerungshallen, Fahrzeugen und Kühlaggregaten 2,5 km von der Geschäftscity entfernt; finanztechnisch gesehen am falschen Platz! Die Finanz-Konzerne scharren schon mit den Hufen!

Der Kampf um neue Geldanlagen (Investitionsmöglichkeiten) für die (an Geldstau leidenden) Großbanken hat die Kölner Stadtverwaltung gegen die Interessen der alt ein-gesessenen Händler auf dem städtischen Großmarkt gebracht. Die mehr als 160 Händler und Unternehmen und die 2000 Arbeitsplätze sollen für die Profit-Interessen der Bau-Konzernen und Großbanken geopfert werden.(Wenn die Stadt für ihre Bürger, für das Allgemeinwohl Sorge tragen würde, sähe die Planung anders aus!)

Da aber die geplante Umsiedlung des funktionstüchtigen Großmarkts nach Marsdorf nicht geklappt hat, weil der Platz schlicht ungeeignet ist, hat die Stadt nun eine andere Strategie entwickelt, um das Gelände „frei zu be-kommen“. Sie sabotiert und schikaniert die Händler wo es möglich ist, versperrt ihnen die Zugänge, reißt Kühl-und Lagerhallen ab, kündigt Händlern ersatzlos ihre Hallen, lässt das Gelände vermüllen und, und, und...

Die Händler schlagen schon seit langem Alarm! Sie sagen: Anstatt den Großmarkt umzusiedeln, „zersetzt“ die Stadtverwaltung mit allen Mitteln den funktionstüchtigen Handelsmarkt! Und das ohne Unterlass, obwohl der Rat der Stadt Köln im Mai 2021 eine Standortgarantie für den Großmarkt bis zum 31. Dezember 2025 beschlossen hat! (1) (2)

Stadt Köln will also ganz plump das Gelände für die Konzerne „frei machen“, ohne Rücksicht auf (volkswirtschaftliche) Verluste, ohne einen tatsächlichen Ersatz zu schaffen, ohne die kommenden ökologischen und landwirtschaft-lichen Krisen zu berücksichtigen, ohne die Erfordernisse der einheimische Landwirtschaft zu beachten, ohne sich für die ökologischen Potentiale zu interessieren, die ein Großmarkt auch innerhalb der sog. „Parkstadt Süd“ hätte.

Die Stadt hat zwar im Jahr 2019 mit großem Tamtam den „Klimanotstand“ ausgerufen, interessiert sich aber im konkreten nicht die Bohne dafür, wie man bei zukünftigen Bau-Projekten, z.B. bei der sog. „Parkstadt Süd“ dem Klimanotstand (in dem wir ja jetzt schon drin stecken!!) konkret begegnen kann!! Sie müsste sich eigentlich dafür interessieren, wie man unter schlechter werdenden Klimabedingungen (Dürre, Trockenheiten, Extremwetterlagen) die Daseinsvorsorge langfristig garantiert bekommt und den Großmarkt als Handelsplatz für einheimische Lebensmittel erhält und attraktiver macht!

Diese Nachlässigkeit findet man leider bei allen größeren innerstädtischen Bau - und Verkehrs-Projekten (3) und eben auch bei der Planung der sog. „Parkstadt Süd“!

Es wird nicht darüber nachgedacht, was sein wird, wenn sich die Kölner Region mit 3,5 Mio. Einwohner aus Klimawandel-Gründen künftig komplett selber mit Lebensmittel versorgen müsste und nicht mehr aus dem verdorrenden Südeuropa beliefert werden kann? Denkt die Stadt darüber nach? Nimmt die Kölner Stadtverwaltung die ökologische Krise überhaupt wahr?

Die Frage ist, welche (land-)wirtschaftlichen und technischen Infra-Strukturen bräuchte man, um hier in Köln und Umgebung im Fall einer immer drastischer werdenden Umwelt-Krise, die Bevölkerung mit Lebensmittel zu versorgen?

Schon jetzt stehen manche Großstädte bei den immer häufiger vorkommenden Wetter-Extremen vor dem Klima-Kollaps. Wasserkrise, Energiekrise und eine Ernährungskrise sind bereits in Sicht! (3)

Wenn man sich also mit den städteplanerischen Bedingungen auseinandersetzt, die wir zukünftig brauchen, um eine Ernährungskrise abzu-wenden... Tja, was würden wir dabei sehen? Den Kölner Großmarkt an der Stelle, wo er jetzt ist! Der Kölner Großmarkt wäre für die regionale und überregionale Landwirtschaft ein gut funktionierender und über die Schiene leicht erreichbarer, zentral gelegener Handelsplatz! (Wir erinnern uns auch noch an die notwendige Verkehrswende, die die Stadt Köln verschleppt!)

Und zwar weil er noch aus einer Zeit stammt (1939) da die Landwirtschaft noch nicht so „intensiv“, und „globalisiert“ war, sondern eher auf die Selbstversorgung der Bevölkerung hin ausgerichtet war. Heute kaufen Agrarkonzerne Soja (= Eiweißfutter für die Kühe und Schweine) in Brasilien ein, die dort ihren Regenwald dafür platt machen, damit wir Eiweißfutter für die Massentierhaltung erhalten, um dann in Milchseen zu ersaufen und unter Butterberge zu liegen…. Folgen der Intensiv-Landwirtschaft!

Die alte, auf einheimische Selbstversorgung ausgerichtete Wirtschaftsweise, für die der Großmarkt auch steht, ist keinesfalls ein romantisches Ideal, sondern wird in der heutigen Zeit eher eine überlebenswichtige Notwendigkeit und muss wieder etabliert werden! Und dabei muss die Stadt Köln helfen!

Denn der Großmarkt stammt noch aus einer Zeit (1939), da die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmittel aus dem Kölner Umland geschah und keine ökologisch schädlichen Neben-Wirkungen hatte. Es gab noch keine Intensiv-Landwirtschaft und auch noch kein Soja aus Brasilien für die Massentierhaltung und die Kühlung der landwirtschaftlichen Produkte in den riesigen Keller - Katakomben der Kölner Großmarkthalle funktionierte ohne elektrischen Strom!

Die Vorgebirgsbauern und die Bauern aus der gesamten Kölner Bucht kamen seinerzeit über Köln-Zollstock die Vorgebirgsstraße runter gefahren und konnten ihre Produkte in den immer kühlen Kellergewölbe unter der Versteigerungshalle auf dem Großmarkt lagern und oberirdisch in der Halle allmählich abverkaufen.

Nun könnte man meinen, dass so eine alte Methode aus vergangenen Zeiten sich längst überlebt hat, weil wir doch eh‘ unser Gemüse und Tropenfrüchte (bei Aldi, REWE usw.) aus dem europäischen Süden bekommen. Doch der europäische Süden trocknet Jahr für Jahr immer weiter aus! (4) Man sehe sich nur die riesigen Gemüse-Plantagen unter Plastik-Folien bei Almaria in Spanien an! (5)

Infrastrukturell brauchen wir zukünftig genau diese noch vorhanden, aber vernachlässigte Großmarkt-Strukturen, um die auf uns zukommenden klimabedingten (Versorgungs-) Engpässe zu lösen, auf die wir zusteuern, (wenn alles so bleibt wie es ist!). In allernächster Bälde fällt die Gemüse- und Früchte-Produktion in Spanien wegen Wassermangels aus! Und wo bekommen wir dann unser Gemüse her? Von unseren noch verbliebenen ein-heimischen Bauern? Ja? Und wo verkaufen die ihr Gemüse dann?

Der Großmarkt, wie er jetzt ist, ist also kein Überbleibsel aus Großmutters Zeiten, sondern kann eine wichtige Rolle bei der Anpassung und Umstrukturierung der Stadt und ihrem land-wirtschaftlichen Umland in einer ökologischen Krise werden! Das Umland ragt ganz natürlich in die innerstädtische Lebensmittelversorgung hinein. Die Verkehrswege sind kurz.

Und zu diesem Umland gehört auch, die bedrohte, kleinteilige, ökologisch nützliche, einheimische Landwirtschaft, die am ehesten noch in der Lage wäre, mit alten landwirtschaftlichen Produktions – Methoden die anstehende Umwelt- und Ernährungskrise zu meistern! Sie können den ökologischen Erfordernissen der Gegenwart viel eher gerecht werden, als es die weltweiten Agrar-Konzerne heute können. Man muss diese kleinteilige, einheimische Landwirtschaft von daher sowieso fördern!

Die Frage ist, was für eine Infrastruktur bräuchte man dann, um die Lebensmittelversorgung einer Stadt wie Köln durch die wieder-erstarkten, regionalen Bauern zu gewährleisten? Genau! Den Großmarkt an der Stelle, an der er jetzt steht!! Denn, weder die normale Versorgung mit Lebensmitteln aus der „dritten Welt“ (wie z.B. Soja aus Brasilien) noch die Versorgung mit Gemüse und Tropenfrüchte aus dem verdorrenden Südeuropa und die Benutzung der dazugehörigen Logistik-Apparate zum Transport (LKWs, Flugzeuge) können langfristig so nicht weiter-betrieben werden, wie das bisher der Fall ist!

Wollen wir möglichst bald auf die jetzt schon drastischen ökologischen Folgen des Klima-wandel reagieren, muss sich bald u.a. die gesamte Verkehrsinfrastruktur und die Art der Lebensmittelproduktion ändern! Eine Stadt-planung, die den Anspruch hat ein „Jahrhundertprojekt“ zu sein, wie die Stadt Köln es mit der „Parkstadt Süd“ vor sich her trägt, muss dem Rechnung tragen!

Und das bedeutet für die Planung der „Parkstadt Süd“, dass man sich verkehrstechnisch auf die Wiedereinführung des Schienenverkehrs und auf die Förderung der einheimischen, kleinteiligen Bio-Landwirtschaft festlegen müsste. Die kleinteilige Bio-Landwirtschaft in der Region muss wieder-erstarken! Die Selbstversorgung der Stadt Köln mit Lebensmittel aus der Region, wie es sie vor 50 Jahren gegeben hat, muss wieder hergestellt werden! Die städtische Infrastruktur dafür ist ja noch zum Glück vorhanden und das ist genau der Kölner Großmarkt, wie er jetzt da steht! Und dieser wird gerade von der Stadt Köln in einer unvernünftige Weise alternativlos zerstört?

Der Großmarkt hat genau die Potentiale, die wir zukünftig aus ökologischen Gründen brauchen und sollte als das Herzstück der „Parkstadt Süd“ als notwendige Funktionseinheit erhalten bleiben und nicht auf einen Acker nach Marsdorf verlegt werden, der noch nicht einmal einen Schienenanschluss hat!

Man kann ja, falls der Großmarkt doch nicht zerschlagen und das Gelände nicht freigeräumt wird, die „Parkstadt Süd“ auf die tatsächlich frei gewordenen Geländeteile zwischen Großmarkt und Bahndamm den einheimischen Genossen-schaften zum Bebauen übergeben! Damit wäre allen Seiten gedient!

Ottmar Lattorf, im September 2022

Hier eine Unterschriftenaktion zum Erhalt des Großmarktes…

Also fordern wir:

  • dass die Bestandsgarantie des Großmarkts in Raderberg mindestens bis zum 31.12.2025 geht, so wie dass der Stadtrat beschlossen hat und das dies auch von der Verwaltung umzusetzen wird!

  • dass die Verlegung oder Zerstörung des Großmarkts durch die Stadt Köln zu unterbleiben hat!

  • dass die Schienenverbindungen zwischen Großmarkt und Güterbahnhof Eifeltor wieder revitalisiert werden, damit die LKWs nicht durch bewohntes Gebiet (Bonner Straße) fahren müssen,

  • dass die bisherigen Planungen für die „Parkstadt Süd“ auf langfristige Stadt-ökologische Notwendigkeiten hin überprüft und ergänzt werden! Dass die bisherige Planung auf dem bisher ausgerufenen Gelände, so nicht realisiert werden darf!

  • Es dürfen keine Profit-orientierten Bau-Konzerne, sondern ausschließlich städtische Baugenossenschaften dass verbliebene Gelände bebauen.

    Kontakt: nabis@web.de , Telefon: 0221/34 11 82

  • Spenden-Konto für die Finanzierung von weiteren Flugblätter und Aktionen: Konto Nummer des Vereins Nabis e.V.: IBAN: DE32 3705 0198 0008 5233 26 BIC: COLSDE33XXX, bei Stadtsparkasse Köln, Konto-Inhaber: Hendrik Boehme


Fussnote:

1) https://www.koelner-grossmarkt.de/14-12-2021-kuhhandel-macht-saemtliche-planungen-zum-koelner-grossmarkt-in-marsdorf-zunichte/#more-966

(2) Und hier eine Presseerklärung der Händlergemeinschaft: https://www.koelner-grossmarkt.de/

(3) Beispiel: Im Jahr 2017 hatte die Stadt Köln mit Verweis auf den oberirdischen Bau der Nord-Süd-Bahn (3. Ausbaustufe über die Bonner Straße bis zum Verteilerkreisel) alle 300 Bäume an der Bonner Straße abgesägt, obwohl es eine alternative Baum-schonende Planungen gegeben hat (die Stadt Köln wollte nichts davon wissen!) und obwohl die Bahnschienen bis heute nicht – und wie bei der Fällung im Jahr 2017 versprochen – im Dezember 2019 fertig gestellt wurde!!!

(4) klimakollaps

()(Hier Filmbeitrag: Die große Dürre. Was tun, damit Deutschland nicht austrocknet?! https://www.youtube.com/watch?v=Rq5JXpU5mtE)

(5) Staubwüste statt Stausee https://www.youtube.com/watch?v=5zQvdRYBqok und:

(6)Extreme Dürre in Spanien: https://www.youtube.com/watch?v=aZs1PiMppHo )