Der Kampf um den Kölner Großmarkt ist noch nicht beendet!
Ratsentscheidung mit Folgen
Der Großmarkt ist ein Markt für Wiederverkäufer, Großverbraucher und Betriebe. Seit 17 Jahren plant die Stadtverwaltung das ca. 100 ha große Gelände, 2,7 km von der Innenstadt entfernt, großen Bau-Konzernen zu übergeben. Jetzt soll am 31. Dezember 2025 für den Markt Schluss sein, der 1940 eröffnet wurde und heute zu den größten Märkten Deutschlands in der Metropolregion Köln zählt. Der Ratsbeschluss vom 27. Juni stellt eine Zäsur da. Rund 100 Betriebe agieren noch auf dem Gelände des Kölner Großmarktes und rund 700 Menschen stehen dort in Lohn und Brot.
Der Ratsbeschluss setzt diesen Betrieben nun die Pistole auf die Brust! Die Betriebe sollen sich nun einen neuen Standort suchen und zwar alleine. Sie müssen ihren Handel komplett neu strukturieren, denn wie es heute ist, ein großer Lkw fährt vor, die Großhändler teilen sich die Fracht und verkaufen dies an die Gastronomie in der Region weiter oder den Händler auf den Märkten in den Veedeln,... das soll es ab Januar 2026 nicht mehr geben.
Wird der Betrieb an einem anderen Standort wirtschaftlich zu führen sein? Oder ist es besser eine Insolvenz oder geregelte Geschäftsaufgabe, also Liquidation einzuleiten. Gleiches gilt für ihre Kunden. Auch diese wissen jetzt, am 31. Dezember 2025 soll es keinen Großmarkt mehr geben. Orientieren sich diese neu? Oder gehen sie einfach pleite. Nach der heutigen Ratssitzung vor der Sommerpause müssen sich nicht nur die Händler, Dienstleister, sondern auch die Kunden viele Gedanken machen und neu planen. Was aus den gewachsenen Strukturen des Großmarkts wird, thematisierten Redner in der Stadtrats-Debatte.
„Parkstadt Süd“ wird gegen Großmarkt in Stellung gebracht
Das Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt rechnen einfach vor: Rund 3.000 neue (hochpreisige) Wohnungen sollen auf dem Großmarktgelände entstehen, danach sollen rund 4.000 neue Jobs geschaffen werden, plus Kindergärten, Schulen, Sportanlagen und: Der Grüngürtel soll verlängert werden...Also Parkstadt Süd wird gegen den Großmarkt ausgespielt. Der Haken an der Sache: Die „Parkstadt Süd“ und deren Zahlen sind bis heute lediglich ein Prognosen für die Zukunft! Denn: es gibt bis heute noch nicht einmal eine rechtsverbindliche Planung!!! Und bei den Jobs handelt es sich auch nur um Prognosen, die eventuell eintreffen. Die andere Seite sind 100 kleine und mittelständische Betriebe mit 700 Mitarbeitern, die täglich funktionieren, die die Gaststätten und die Wochenmärkte bedienen, die arbeiten und Steuern bezahlen. Also jetzt ganz real vorhanden sind!
Die Antragsteller gegen ein Ende des Großmarkts
Die SPD, die Linke, die FDP, die AfD und das Ratsmitglied Zimmermann sprechen sich im Gegensatz zu der Position von CDU und Grünen in ihrem Antrag gegen ein Ende des Großmarktes zum 31. Dezember 2025 in Köln-Raderberg aus!
Sie wollen, da kein Ersatzgelände für die Händler vorhanden ist, diesen die Chance geben, bis zu 5 Jahre länger auf dem Großmarktgelände in Raderberg zu bleiben. Die Strukturen sollten erhalten werden, bis es eine Alternative als Gelände für den Großmarkt gibt. Parallel sollten die Entwicklungsarbeiten rund um das Großmarktgelände für die Parkstadt Süd beginnen. Das Argument der Antragssteller: es werde Jahre dauern bis sich dort Kräne drehen, da der Planungsstand noch nicht weit genug fortgeschritten sei. Das lehnt das Ratsbündnis (CDU und Grüne) kategorisch ab. CDU und Grüne folgen den Ausführungen des Baudezernenten Greitemann, der die Händler vom Gelände haben will. Grüne und CDU loben Greitemann für seine Darstellung.
Baudezernent Greitemanns Fakten
Der Kölner Baudezernent Greitemann, der auch einmal für Wirtschaft in der Stadt verantwortlich war, zeigte auf welcher Seite er steht. Zu Beginn seiner Ausführungen sagte Greitemann: „Jeder Tag, den der Großmarkt länger in Raderberg ist, ist ein Tag später an dem die Parkstadt Süd entwickelt wird.“ Das Narrativ hieß im Klartext: Die Händler müssen so schnell wie möglich weg, damit es mit der Parkstadt Süd vorangeht, wegen den Wohnungen, den neuen Jobs und so weiter.
Zwar hat der Baudezernent noch keinen einzigen Bebauungsplanentwurf ausgearbeitet, um einen Satzungsbeschluss herbeizuführen, aber er trifft diese Aussage. Ein Bebauungsplanentwurf nehme in Greitemanns Behörde im Durchschnitt 39 Monate (!!!) in Anspruch. Zudem hat Greitemann zu wenig Personal. Daher habe seine Behörde zunächst den Deutzer Hafen priorisiert. Aber jetzt würden die über 30 Mitarbeiter das Projekt Parkstadt Süd in Angriff nehmen. Geht es nach Greitemann wird der Großmarkt am 31. Dezember 2025 geschlossen. Greitemann rechnet nicht damit, dass alle Händler bis dahin ausgezogen sind und plant mit einem Jahr Puffer.Bis Ende 2026 sollen alle Gebäude frei sein. Dann solle, wenn möglich, auch früher der Abriss der Gebäude beginnen. Zudem sollen auf dem Gelände die Altlasten entsorgt werden. Denn dort befand sich ein Güterbahnhof und es ist mit entsprechenden Problemen zu rechnen. 2030 will Greitemann die Arbeiten an der Infrastruktur beginnen, wie Kanalisation, Straßen oder Grünflächen. Die Bebauungspläne für die Wohnbebauung sollen 2028/29 reif für den Satzungsbeschluss sein. Was Greitemann nicht sagen kann: Wer soll dort bauen, also welche Investoren?
Die Debatte im Rat
Christian Joisten, SPD, machte von Anfang an deutlich, dass wenn das Ratsbündnis (CDU/ Grüne) der Verlängerung der Nutzung für die Großhändler nicht zustimme, dann bedeute dies das "Aus" für den Kölner Großmarkt. Damit werde eine 2000-jährige Tradition (!) gebrochen und die Handelsstruktur für die Wochenmärkte oder die Frischeversorgung in den Veedeln zerstört. Gewerbesteuer und Arbeitsplätze werden ins Umland abwandern und das bei der desolaten Kölner Haushaltslage. Joisten nannte dies Wahnsinn. Joisten wettete darauf, dass sich bis 2030 auf dem Plangelände der Parkstadt Süd kein Kran drehen werde. Joisten sprach sich für eine Parallelität aus: Auf den Flächen, die der Großmarkt nicht mehr benötige mit Abriss und Bau zu beginnen und parallel den Großmarkt weiter zu betreiben bis eine Alternativfläche zur Verfügung steht. Joisten appellierte an die Ratsvertreter Vertrauen in die Ratspolitik zu schaffen.
Jörg Detjen, die Linke, traf die Aussage, dass es keine Metropolregion gebe in Deutschland ohne Großmarkt. München, Frankfurt am Main, Hamburg oder Stuttgart – alle haben einen Großmarkt, sagte Detjen. Das Ratsbündnis mache Köln zur Provinzstadt. Der CDU und der Verwaltung unterstellte Detjen sich für Lebensmittelkonzerne zu engagieren und zählte von 2020 an auch die neue grüne Ratsfraktion dazu. Köln baue die Monopolstellung von REWE aus und die Schließung des Großmarktes bedeute das Ende der Kölner Wochenmärkte prophezeite der Linke. Er erinnerte vor allem die Grünen an deren Entscheidung 2021, die Fläche in Marsdorf für den Großmarkt zu beschneiden….Bei der CDU und den Grünen im Bezirk Lindenthal war die Idee eines Frischezentrums in Marsdorf wegen der verkehrlichen Anbindung zumindest in Teilen nie wirklich beliebt.
Volker Görzel, FDP, nannte die Art und Weise wie die Kommunalpolitik mit dem Großmarkt umgehe ein totales Versagen des Kölner Rates. Vor allem mit den Grünen ging Görzel hart ins Gericht und zeigte an einem Beispiel auf, was in Köln drohe, wenn es keinen Großmarkt mehr gebe. Wenn ein Lebensmittelkonzern im November 10 Lkw Wassermelonen bestelle und diese dann im Frühsommer nicht abnahm, dann konnten diese Produkte bisher auf dem Großmarkt angeboten und verkauft werden. Gibt es keinen Großmarkt mehr, landen solche Lebensmittel automatisch im Müll. Es drohe Lebensmittelverschwendung. Görzel rief: „Sie, die Ratsmehrheit veräppeln die Händler und die Arbeitnehmer:innen!!“
Thor Zimmermann, sprach über die kommunale Daseinsvorsorge und das die Politik etwas dafür tun müsse, dass diese erhalten bleibt, besonders in Zeiten zunehmender Krisen: Besser wäre es den Großmarkt zu halten, um sich auf diese Krisen vorzubereiten, um die Ernährung in der Stadt langfristig zu gewährleisten.
Christiane Martin, Grüne warf den Antragsteller:innen vor, die Fakten zu verdrehen. Der Großmarkt muss der Parkstadt Süd weichen, so Martin. Martin führte auf, dass die Stadt bei ihrem Markterkundungsverfahren keinen Investor gefunden habe, der einen Großmarkt in Marsdorf betreiben wollte. ...Die Grünen vertrauten darauf, dass es bei der Parkstadt Süd nicht zu Verzögerungen kommen werde, sagte Martin in Richtung Baudezernent Greitemann. Damit stellte Martin klar und überbrachte als Grüne die schlechte Nachricht: Der Großmarkt soll am 31. Dezember 2025 schließen und danach soll es keinen Großmarkt mehr im Anschluss geben.
Niklas Kienitz von der CDU sagte etwas kryptisch, dass es vielleicht doch noch eine Zwischenlösung für den Großmarkt geben könnte in der Perspektive eines "Food Hub" (...soll so etwas ähnliches wie ein kleiner Großmarkt sein).
Ralph Sterck, FDP, kritisierte, dass die Parkstadt Süd gegen den Großmarkt gestellt werde, wie es das Ratsbündnis tue. Stadtentwicklung sei nicht ein Gegeneinander, sondern ein ineinander. Also erst der erste Schritt, dann der nächste Schritt. Es sei ein Skandal, dass der Rat nach 23 Jahren keinen alternativen Standort für den Großmarkt benennen könne. Sterck warnte und sagte, dass einmal zerstörte Strukturen des Handels nicht eben wiederhergestellt werden könnten, sondern unwiederbringlich verloren seien. Es sei verwerflich, dass sich das Ratsbündnis nicht gekümmert habe.
Jörg Detjen, die Linke, Die Händler würden verdrängt und vertrieben. Detjen erinnerte an die Bemühungen des ehemaligen grünen Fraktionsgeschäftsführers Jörg Frank, den Großmarkt in Marsdorf zu platzieren.
Thor Zimmermann erinnerte ebenfalls noch einmal in der Debatte an das seit 1999 fehlende Ersatzgrundstück. Den Händlern werde die Geschäftsgrundlage entzogen. Er kritisierte das Ratsbündnis und entkräftete dessen Kritik an dem Antrag. Das Ratsbündnis hätte die Schwächen in einem Änderungsantrag ausgleichen können, aber diesen gab es nicht.
Lisa Steinmann, SPD, erinnerte den Rat daran, "für wen er handelt. Für die Menschen in der Stadt und deren Interessenslagen. Das Handeln des Ratsbündnisses sei ein Armutszeugnis für den Wirtschaftsstandort, vor allem auch die Parkstadt Süd gegen den Großmarkt auszuspielen. Vor allem vor dem Hintergrund, dass ein stufiger Ausbau der Parkstadt Süd möglich wäre. Die bestehenden Strukturen im Großmarkt würden gesprengt. Eine regionale Vertriebsstruktur sei Teil der Daseinsvorsorge. Ein „nice to have Food Hub“ - Konzept sei nicht vergleichbar mit der Vertriebsstruktur eines Großmarkts. Auch ein Endverbrauchermarkt in der jetzigen Großmarkthalle sei damit nicht zu vergleichen. Das Ergebnis sei enttäuschend!"
Genau damit hat sie wohl sehr Recht!!
Oberbürgermeisterin Henriette Reker schiebt zum Schluss den Händlern den schwarzen Peter zu, da diesen die 10.000 Quadratmeter in Marsdorf nicht gereicht hätten und die Gründung einer Genossenschaft misslang.
Am Ende stimmte der Rat so:
Für den Antrag für eine in der Zwischenzeit gültige Regelung für die Großmarkthändler und gegen die Schließung am 31. Dezember 2025 stimmten: SPD, Linke, Thor Zimmermann, die Fraktion, FDP und AfD.
Gegen den Antrag und damit für das Ende des Kölner Großmarktes in Köln Raderthal am 31. Dezember 2025 stimmten: Grüne, CDU, Volt und Oberbürgermeisterin Henriette Reker.
Es enthielten sich Gut/Klima Freunde
Text von Andi Goral
gekürzt von Ottmar Lattorf
Kölner Großmarkt
Internetseite der Händlergemeinschaft des Kölner Großmarkts: https://www.koelner-grossmarkt.de/themen/koelner-grossmarkt/
Eine aktuelle Skizze der Problematik auf dem Kölner Großmarkt aus der Sicht der Händler im Herbst 2022
Ist die Großmarktverlegung eine gute Idee?
Laut Masterplan, (einen als Generalplan gedachter städtebaulicher Entwicklungsplan) des unternehmerfreundlichen Architekten Albert Speer (77), Sohn des Adolf´schen Speers, soll der innerstädtische Grüngürtel erweitert werden, um direkt nebendran ein neues Veedel bauen zu können. Auf einer Fläche von ca.100 Hektar, die an der Luxemburger Straße beginnt und am Gustav-Heinemann-Ufer am Rhein endet, soll ein Sanierungsgebiet ausgerufen werden. Die Kölner Stadtverwaltung hat im Auftrag der Bauwirtschaft und der Politik den Abriss und die Verlegung des Großmarktes nach Köln Marsdorf geplant, obwohl die Bevölkerng ihn da nicht haben will. Das teure und unsinnige Projekt wird medial hochgejubelt und soll bis zum Jahre 2020 realisiert werden. Die Ausführungen des Stadtplanungsamts, haben den Titel „Entwicklungskonzept südliche Innenstadterweiterung“, kurz ESIE.
Die Planung der Stadt Köln ist unrealistisch, weil dort wo vor wenigen Jahren erst Neubauten genehmigt worden sind (direkt am Rheinufer), soll Grüngürtel entstehen und dort wo jetzt freies Feld ist (Gelände der Dombrauerei), dort soll bebaut werden. Hier ein Luftbild von dem Gebiet.
Es stellt sich die Frage, dient der geplante Abriss und die geplante Verlegung des Großmarkts dem Gemeinwohl oder ist es nur der notwendige Vorlauf für die Schaffung eines freien Spielfeldes für die Bau-Konzerne?
Was ist der Großmarkt und wer will den Großmarkt überhaupt verlegen?
Hier drei Karten zu den
- aktuellen Eigentumsverhältnissen in dem Gebiet des Großmarkts und eine
- Skizze des zukünftigen Nutzungs-Konzepts der Stadtverwaltung auf dem möglicherweise frei werdenden Gelände.
Eine völlig unnötiger U-Bahn Linie - die Nord-Süd Bahn - führt vom Hauptbahnhof direkt zum Großmarkt. Doch wer will die U-Bahn überhaupt und wozu dient sie? Hier ein erste Antwort: Genug gemurkst!
Und wieviele Millionen kostet die Verlegung des Großmarktes?
Die Großmarktverlegung in Köln ist Teil eines größeren Bau- und Bahn-Zerstörungsprojektes (übrigens genau wie in Stuttgart, hier wie dort, soll die Bahn verschwinden oder unter die Erde geschafft werden)!
Die Stadt Köln hat nun eine vorbereitende Untersuchung und ein Entwicklungskonzept für das Großmarktgelände, den Güterbahnhof Bonntor, der Raderberger Brache und weitere anliegende Gebiete vorgelegt. In der südlichen Südstadt soll nun ein neues Veedel entstehen.
Hier eine interessante Analyse zu der Bau-Entwicklung in der Südstadt.
Um die Bürger vom Wert dieser Planung zu überzeugen, wird gesagt das hier auf dem Großmarktgelände und den anliegenden Gebieten erst einmal eine Bundesgartenshow veranstaltet werden soll. Doch dient das der Naturerhaltung und den Interessen der Bürger? "Kein Platz für die Natur - das Auslaufmodell Bundesgartenschau". Und hier ein weiteres Beispiel für den Unsinn von Gartenschauen.
Der Großmarkt soll nach Köln-Marsdorf verlegt werden. Hier die Internetseite der Bürgerinitiativen, die sich dagegen wehren:
Die Bürger-Interessen-Gemeinschaft Junkersdorf e.V. und Dorfgemeinschaft Sielsdorf e.V..
Hier noch: Der Arbeitskreis "Großmarkt" der Dorfgemeinschaft Hürth-Sielsdorf informiert.
Auch der Kölner Stadtanzeiger berichtet: Großmarktgegner machen mobil.